Literaturhaus Graz & ausreißer – Die Grazer Wandzeitung

WORTWECHSEL

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#Soziales Miteinander    Literatur Wissenschaft

Mit Worten durch Wände

Die 100. Ausgabe des ausreißer wird im Herbst 2021 in Graz affichiert. Die kontinuierlich erscheinende Wandzeitung ist europaweit ein Unikat. Für das Kulturjahr kooperiert das Team mit dem Literaturhaus Graz. Klaus Kastberger und Stephanie Liebmann wollen mit dem Projekt die Literatur in den öffentlichen Raum bringen, abseits etablierter Kulturstätten. Evelyn Schalk und Ulrike Freitag vom ausreißer wissen, wie so etwas gelingt. Die gemeinsame Idee: Autor*innen setzen sich mit speziellen Räumen in der Stadt auseinander: der Justizanstalt Karlau, dem Arbeitsmarktservice, dem Griesviertel und der Triestersiedlung.  Damit verlässt auch das Literaturhaus die eigene Komfortzone, geht hinaus in die Stadt und rückt Orte und Menschen in den Vordergrund literarischen Interesses.

Wichtig ist Freitag, Liebmann und Schalk, dass die entstehenden Texte für ein breiteres Publikum zugänglich sind und nicht über-, sondern miteinander gearbeitet, geredet, getextet wird. So haben sie etwa einen Briefwechsel zwischen den Autor*innen Christoph Dolgan, Alfred Goubran und Sandra Gugić mit sechs Insassen der Karlau initiiert, der sich über eineinhalb Jahre erstreckte und teilweise sogar noch weitergeführt wird. Pandemiebedingt war die geplante gemeinsame Lesung in der Karlau nicht möglich, stattdessen wurden Auszüge von den Autor*innen sowie den Schauspielern Franz Solar und Christian Ruck im Literaturhaus vorgetragen und in einer anschließenden erweiterten Diskussionsrunde die Auseinandersetzung vertieft. Davon – sowie von den „Gries-Spaziergängen“ – sind Filmmitschnitte verfügbar. Auch die Präsentation der Kooperation mit dem AMS fand online statt. „Wir haben auf die Videos sehr positives Feedback bekommen“, erzählt Freitag. „Klar hätten wir lieber alles live realisiert. Das Videoformat bringt aber auch Vorteile, so können wir eine Vielzahl an Menschen erreichen.“ Schalk ergänzt: „Beim einzigen Spaziergang, der in der Triestersiedlung wie geplant stattfinden konnte, war wirklich viel Publikum da. Wir hatten drei Routen zur Auswahl und haben am Ende eine Spontanlesung angehängt, weil die Teilnehmer*innen unbedingt auch die jeweils anderen Texte hören wollten.“ Diese kamen von den Poetryslammer*innen Precious Nnebedum, Klaus Lederwasch und Christine Teichmann,  tatkräftig bei der Organisation unterstützt hat Elisabeth Hufnagl vom Stadtteilzentrum Triester. „Das Alter dürfte von 13 bis 93 gereicht haben, eine Dame mit Rollator hat den gesamten Spaziergang mitgemacht. Das war echt bewundernswert“, erinnert sich Freitag. Da die Idee von den Menschen vor Ort so gut angenommen wurde, sind weitere literarische Touren geplant. Ebenfalls erfreulich: Durch das Projekt haben sich für den ausreißer zwei neue Standorte ergeben, in der Triestersiedlung und im Literaturhaus, weitere dürften folgen.

Das Leben könnte so günstig sein
Was haben Freitag, Liebmann und Schalk durch den wORTwechsel an Erkenntnissen gewonnen? „Es tut gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen, in einen Austausch zu treten, Betriebsreflexion ist dringend nötig. Man geht viel zu oft mit Scheuklappen durch die Stadt, auch wenn man meint, sehr offen zu sein“, resümiert Evelyn Schalk. „Wir waren etwa erstaunt, wie viel Grünraum es in der Triestersiedlung gibt“, so Liebmann. „Und dieser wird intensiv genutzt. Öffentlicher Raum, wie er sein soll.“ „Wir hatten das Ziel, möglichst breit zu kooperieren und neues Publikum zu gewinnen, beides haben wir erreicht“, sagt Freitag.

Auf die Frage, wie sie in Graz leben wollen, antwortet Ulrike Freitag kurz und knapp: „Günstiger.“ Abbau von sozialen Barrieren, weniger Berührungsängste gegenüber anderen, mehr öffentliche und naturnahe Räume ohne Konsumzwang zählen die drei zu ihren zentralen Forderungen an Politik und Gesellschaft. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist: Den ausreißer findet man regelmäßig an mehr als einem Dutzend Standorten in Graz sowie im Web, so auch die Sonderausgabe zum wORTwechsel, die eine Auswahl der entstandenen Texte präsentiert.

(c) Lena Prehal
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  • (c) Corinna Klug

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Das Kulturjahr 2020 wurde unterstützt von: