Rainer Prohaska / FUTURAMA LAB

TRAVERSO LA CITTÀ

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#Urbanismus    Bildende Kunst Darstellende Kunst

Über Kutschen und Fähren

Rainer Prohaska beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Umweltfragen und verbindet diese mit Installationen und performativer Kunst. Er realisiert mit seinem Futurama Lab vorwiegend Projekte in Mittel- und Osteuropa, stellte aber auch schon in China, den USA und Japan aus. Besonders angezogen fühlt er sich von Flüssen. So führt ihn in den Jahren 2021 und 2022 seine „MS-Fusion“ auf der Donau bis in die Ukraine und nach Rumänien.

Für das Kulturjahr 2020 denkt er über die Bewegung in der Stadt und deren ökologische Konsequenzen nach. Das Resultat: „Traverso La Città“, eine Reise durch Graz in fünf Modulen, von einer motorlosen Fähre über eine Gruppenwanderung bis zur Autokutschenkarawane. Die Mur verliert bei „Traverso“ ihr Schattendasein und wird für zwei Performances zum zentralen Schauplatz. Maßgebliche Unterstützung erhält Prohaska von Carola Schmidt, die für die performativen Inszenierungen verantwortlich ist, und vom Grazer Schriftsteller Stefan Schmitzer, der Recherchen, Texte und eine literarische Erinnerung an den weitgehend zugeschütteten Mühlgang beisteuert.

Wie haben die Grazer*innen auf die Aktionen reagiert? „Es war eine sehr herzliche Situation“, zeigt sich Prohaska positiv überrascht. „Die Leute waren enorm interessiert, freundlich, hilfsbereit. Auch die Behörde hat uns unterstützt, etwa bei der Suche nach einer geeigneten Strecke für ‚Chariots of Sadness‘.“ Bei diesem Modul, das rund um das Schloss Eggenberg in Szene gesetzt wird, werden zwei große SUVs wie bei einem Wagenrennen von weiß gekleideten Menschen bewegt. Am Autodach sitzt ein „Kutscher” samt Peitsche, der die Personen, die das Gefährt ziehen, antreibt. Immer wieder hält diese seltsame Prozession. Fotos werden gemacht. Aus den Autoradios hört man eigens verfasste Essays.

Aufmerksamkeit erregt auch „Siesta für Graz“. Hölzerne Objekte werden vom Hauptplatz über den Lendplatz und am Kunsthaus vorbei in die Herrengasse gerollt. An fixen Punkten wird haltgemacht, es werden Gutenachtgeschichten erzählt. Dass man sich auf den Objekten ausruhen kann und darf, sorgt für Neugierde unter den Passant*innen. Ein wenig riskant scheint Prohaska zuerst eine weitere Mobilitätsidee: „Sculptures en flux“. Große aufblasbare Gebilde werden auf Brettern fixiert und auf der Mur transportiert. Mithilfe des Stand-up-Paddle-Vereins SUP Sportclub Graz funktioniert das Vorhaben allerdings tadellos, es entsteht ein farbenfrohes Bild. Und niemand der Beteiligten muss im Fluss ein unfreiwilliges Bad nehmen.

Wem gehört die Straße?
Prohaska zeigt mit seinen temporären Eingriffen, dass Transport und Mobilität ganz anders gedacht werden können, als das derzeit in Städten wie Graz passiert. „Ich hätte eigentlich gern permanente Landmarks“, sagt Rainer Prohaska, „aber leider scheitert es oft an den laufenden Ausgaben und seien sie noch so gering. In Hainburg etwa hatte ich ein riesiges Hamsterrad installiert, das trotz anfänglicher Begeisterung wegen jährlicher Wartungskosten von 400 Euro verschrottet wurde. Ich bin aber nach wie vor sehr an der Realisierung von dauerhaften Installationen interessiert. Beispielsweise würde ich gerne die Rollfähre auf der Mur in das Stadtbild von Graz integrieren.“

Auf die Kernfrage des Kulturjahres nach dem Leben in der Stadt sagt der Künstler: „Passend zu unseren Aktionen möchte ich eine stärkere Verspieltheit im öffentlichen Raum, insbesondere auf den Fahrbahnen. Eine weniger zweckbezogene Benutzungshierarchie. Ist es sinnvoller, wenn jemand mit seinem SUV auf ein Bier fährt oder wenn wir Autos durch die Gegend ziehen? Diese Diskussion ist noch ausständig. Je verträglicher dieses Spiel auf den Fahrbahnen für die Umwelt ist, desto mehr Berechtigung sollte es in Zukunft haben. Es bricht derzeit ja auch einiges auf, mit der E-Mobilität zum Beispiel – auch wenn ich die im ökologischen Kontext sehr kritisch sehe.“

(c) Julia Gaisbacher
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Das Kulturjahr 2020 wurde unterstützt von: