Eine Frau als DJ an den Plattentellern im Club? Fast so selten wie Schiedsrichterinnen bei Fußballmatches der Männer. Noch.
Die DJs Lilly Jagl (aka Rosachrom) und Katharina Wiesler (aka Adriana Celentana) stießen 2017 zum feministischen Kulturverein Grrrls. In der Folge wurde das Spektrum um eine DJ-Crew erweitert – und es entstand die Idee von DJ-Workshops speziell für ein weibliches Publikum. Für das Kulturjahr 2020 wurde daraus ein Projekt, das auch gezielt Frauen mit Migrationshintergrund ansprechen sollte. Hier arbeitete Grrrls mit Vereinen zusammen, die langjährige Erfahrung und Expertise haben, wie etwa Omega oder das Afro-Asiatische Institut. Zusätzlich zu drei Workshops mit je 12 Teilnehmerinnen wurden Veranstaltungen unter dem Motto „gut aufgelegt auflegen“ organisiert. Im September 2021 fand ein Abschlussfest statt, bei dem Workshopleiterinnen und die neu geschulten „Rookies“ auftraten.
Im Vordergrund der Workshops steht elektronische Musik, speziell „Beatmatching“ wird intensiv geübt. Dabei werden zwei Tracks auf zwei Plattendecks übereinander gelegt, die Beats vermischen sich, idealerweise ist der Übergang so fließend, dass selbst ein geübtes Gehör die Songs kaum mehr unterscheiden kann. Aber natürlich lernen die Teilnehmerinnen auch Basistechniken, die das Auflegen erst möglich machen. Aufgrund der unterschiedlichen Vorlieben und Hintergründe der Workshop-Besucherinnen entsteht bei „gut aufgelegt“ ein buntes Bild lebender Musikkultur.
„In den vergangenen fünf Jahren hat sich viel getan im Verhältnis zwischen Frauen und Männern, was die Musikszene angeht“, sagt Grrrls-Gründungsmitglied und Sängerin Majda di Krivograd. „Das Programm von Festivals wie ‚Elevate‘ spiegelt das deutlich wider. Das Popfest in Wien etwa wird auch von einer Frau kuratiert. In der Gesellschaft wirkt es für viele schon eigenartig, wenn nur mehr Männer auftreten. Auch wenn es nach wie vor Events gibt, die das Gegenteil leben.“ Die Grrrls-DJ-Crew, bestehend aus 11 Performerinnen, ist so stark gebucht, dass vermutet werden darf, dass sich in der heimischen Szene hier einiges zum Positiven ändert.
Zukunftsmusik
Das zeigte sich auch bei „gut aufgelegt“. „Das Interesse an den Workshops war extrem groß, wir hatten pro Termin gut 50–60 Anfragen“, sagt di Krivograd. „Interessanterweise waren auch einige Männer dabei, die nicht verstehen wollten, warum sie nicht teilnehmen konnten. Für Männer gibt es aber genug Angebote und wir wollten bewusst einen Safer Space für Frauen schaffen“.
Insgesamt erstreckte sich das Programm der Grrrls über gut 1,5 Jahre. Im Februar 2020 startete im Afro-Asiatischen Institut der erste Workshop. Alle Gruppen waren sehr motiviert, nur kam leider der Lockdown dazwischen. Am nachhaltigsten dürfte daher der dritte und letzte gewesen sein, der im Juni 2021 über die Bühne ging. Die meisten der Teilnehmerinnen wollen auch künftig regelmäßig auflegen.
Apropos Zukunft: Der Kulturverein würde das Programm gerne längerfristig laufen lassen, noch ist die Finanzierung offen. Interessant wäre auch eine Erweiterung auf junge Zielgruppen, bis dato meldeten sich primär Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, teilweise auch deutlich darüber: „Gerade bei den Älteren merkte man auch, wie sie emotional berührt waren, als sie selbst auflegen konnten. Vielleicht sollten wir das auch ganz bewusst für Teilnehmerinnen ab 60 anbieten?“
„Ich will, dass Frauen in der Gesellschaft und in der Kultur stärker sichtbar werden“, beschreibt Majda di Krivograd ihr Engagement bei den „Grrrls“. Gefragt nach Problemen in der Stadt möchte die gelernte Architektin vor allem die Nutzung des öffentlichen Raums wieder intensiver diskutiert wissen. Und dann gibt es noch ein großes Thema: „Wir wollen in unseren Projekten Integration forcieren, aber vieles an Segregation passiert schon im Vorfeld, in den Schulen, beim Wohnen. Hier sollte die Politik dringend gegensteuern.“