Diözesanmuseum Graz

GEMEINSAM GLAUBEN GEMEINSAM LEBEN. DIE LEBENS- UND JAHRESFESTE DER RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN IN GRAZ

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#Soziales Miteinander    Bildende Kunst

Dornenkreuz und Ramadan

Die Idee von Heimo Kaindl und seinem Team im Diözesanmuseum Graz für das Kulturjahr: eine Ausstellung mit den Religionsgemeinschaften zu machen und nicht über diese. Das Wichtigste für einen gelungenen Start ist dabei das Schaffen einer Vertrauensbasis. „Da hat uns der Lockdown durchaus ein bisschen geholfen“, sagt der Direktor des Museums, „denn dadurch haben wir Zeit gewonnen und konnten viele Gespräche führen.“ Die langjährige Zusammenarbeit im Interreligiösen Beirat der Stadt Graz erleichtert das Herstellen von Kontakten und sorgt dafür, dass sich alle dort vertretenen Glaubensgemeinschaften an der Ausstellung beteiligen.

Das konkrete Ziel ist es, den Einfluss der Religionen auf das Leben in der Stadt zu zeigen. Dabei geht es nicht darum, eine Leistungsschau zu produzieren oder statistische Kennzahlen zu liefern. Leitmotiv ist vielmehr das Feiern von Festen. Sie strukturieren die Woche, das Jahr und letztlich das Leben. Jede Religionsgemeinschaft trifft in der Vorbereitungsphase eine Auswahl ihrer drei wichtigsten Feste und stellt diese mit Exponaten und Texten vor. So ist etwa ein selbst gefertigtes Dornenkreuz der evangelisch-methodistischen Gemeinde zu sehen, das gerade in seiner Einfachheit eine starke Wirkung auf die Besucher*innen ausübt.

Heimo Kaindl erkennt vier große Themen, die sich in allen Religionen wiederfinden: die Geburt, das Erwachsenwerden, die Verpartnerung und am Ende der Tod. „Ich habe viel dazugelernt“, erzählt der Kunsthistoriker, „zum Beispiel, dass Musliminnen und Muslime ihre Totentücher bereits zu Lebzeiten im Kasten vorbereitet haben. Oder wie im Buddhismus die Sterbenden auf dem Weg zur Wiedergeburt begleitet werden. Mir war auch nicht bewusst, dass es so etwas wie eine Gebetskette oder Gebetsschnur in jeder der gezeigten Religionen gibt. Ganz allgemein war mir schon klar, dass es viele Feste gibt, aber nicht in welcher Dichte.“

Wenn Kinder erzählen

Die Ausstellung stößt auf große Resonanz und wird daher bis Ende Oktober 2021 verlängert. Zum einen kommen über die unterschiedlichen Religionsgemeinschaften viele Menschen ins Diözesanmuseum, die bisher noch keinen Kontakt mit dem Haus hatten. Zum anderen sind besonders Schulen sehr interessiert an einem Besuch. Dabei gibt es spannende und berührende Szenen zu erleben, wie Heimo Kaindl erzählt: „Ein Mädchen, von dem alle dachten, es sei einfach vom Religionsunterricht abgemeldet, hat den anderen in der Ausstellung erklärt, dass es Bahá’í ist und was das für sein Leben bedeutet. Ein Bub hat seinen Schulkolleg*innen erzählt, welche Rolle für ihn der Ramadan spielt und was das Fastenbrechen ist.“

Graz verfügt über eine respektable Tradition, was das Zusammenleben und den Dialog von Religionsgemeinschaften angeht, sagt Heimo Kaindl: „Das Ökumenische Forum in den 1960ern ist hier zu nennen, auch die Tatsache, dass die erste europäische Imame-Konferenz, die für Österreich geplant war, in Graz stattgefunden hat. Wir haben das Kalachakra gehabt, auch die zweite europäische ökumenische Versammlung war in unserer Stadt.“ Kaindl ist daher optimistisch, was den Kontakt zwischen den Religionen angeht. Allerdings: „Involviert in den Dialog sind die Spitzen der jeweiligen Gemeinschaften. Es gibt aber bei jeder Religion quasi eine Pyramide und da finden sich an der Basis Menschen, die wenig Wissen über die anderen haben. Genau deswegen ist es auch gut, dass manche Gemeinschaften in Gruppen zu uns kommen, um sich über die anderen Religionen zu informieren.“

Heimo Kaindl sieht Graz in Summe als „hochgradig tolerante Stadt“, wenn auch nicht in allen Belangen gleichermaßen. Als entscheidenden Faktor sieht er die erfolgreiche Stadtteilarbeit. Und er resümiert: „Wir leben in einem Kulturmix. Wir müssen auch Leute erreichen, die in geschlossenen Gruppen leben. Das geht nur, indem ich ganz nahe an die Menschen komme.“

(c) Archiv Diözesanmuseum Graz, Foto Bettina Hutzl
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  • (c) Archiv Diözesanmuseum Graz, Foto Bettina Hutzl

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