Heidi Pretterhofer und Michael Rieper

CLUB HYBRID. Ein Demonstrativbau in Graz

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Gekommen, um zu bleiben

Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigen sich die Architektin Heidi Pretterhofer und ihr Kollege Michael Rieper mit temporären Bauten im Kunst- und Kulturkontext. So entstanden etwa Interventionen im Jahr 2003 vor der TU Wien, im Rahmen der Kulturhauptstadt 2003 in Graz oder für den steirischen herbst 2009. „Dann sind wir draufgekommen: Was wir da gemacht haben, war vergeblich“, sagt Rieper. „Die Dinge haben kurzfristig einen Schub gebracht, waren aber dann wieder weg.“ So entsteht der Club Hybrid mit seinem demonstrativen Motto: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“

Zwanzig Standorte sehen sich Pretterhofer und Rieper an, bevor sich ein Grundstück in der Herrgottwiesgasse anbietet, auf dem früher eine städtische Gärtnerei war. Wo Gewerbebauten, Einfamilienhäuser, Industrie und brachliegende Flächen die Szenerie prägen, steht seit Juni 2021 ein Haus mit viel Holz und etwas Stahl, das durch seine Gestaltung und seine Programmatik Fragen aufwirft. Zum Beispiel die nach dem Namen. „Hybrid bedeutet, dass wir eine Mischnutzung bieten. Club deshalb, weil es für alle da ist, die bereit sind, aktiv zu werden“, sagt Pretterhofer. Mit seinem täglichen Programm wird der Club zur Werkstatt, zur Bühne, zum Diskussionsforum und zu einer kleinen Pension.

Wichtig ist Pretterhofer und Rieper der Kontakt zur Umgebung, nicht zuletzt zur angrenzenden Moschee. „Auf dem Areal gibt es keine Zäune, obwohl es mehreren Eigentümern gehört. Gleichzeitig sehen wir etwas, das traurig ist: Unsere Nachbarn müssen sich mit Pollern schützen, weil die Moschee mehrfach Vandalenakte erlebt hat“, erzählt Michael Rieper. Im Club ist rund um die Uhr jemand anwesend, neben den Gästen wohnen und arbeiten „Hausmeister*innen“ hier. Das mag nebensächlich klingen, ist aber ein zentraler Punkt im Konzept, der die Akzeptanz in der Gegend verstärkt hat.

Apropos Konzept: Für jeden der möglichen Standorte entwickeln Pretterhoffer und Rieper einen Plan. In der Herrgottwiesgasse ist schnell klar: unten offen, oben zu. Es gibt im Erdgeschoß einen Gastgarten mit Kantine und einem überdachten Veranstaltungsbereich. Die beiden oberen Geschoße mit Ausstellungs- und Arbeitsflächen sowie Sanitär- und Schlafgelegenheiten haben rund 100 m2. Den Gastgarten prägt ein Wald aus Stahlstangen. Im Obergeschoß ist ein Vordach zu sehen, das fragmentarisch geblieben ist. „Das Haus ist bewusst nicht ganz fertig gebaut. Wir wollen etwas zeigen, das diskutiert werden kann“, sagt Heidi Pretterhofer. Neben Veranstaltungen zu urbanistischen Fragen ist es vor allem die Kooperation mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen, die den Club so interessant macht.

Die offene Hollein-Tür

Sobald der Club Hybrid geöffnet ist, entstehen nämlich Projekte und Ideen. Die Südseite des Hauses wird von Folke Köbberling mit Schafwolle verkleidet. Martin Behr und Martin Osterider präsentieren ihre Recherchen zur Triestersiedlung an der Decke des Erdgeschoßes. Heidi Schatzl zeigt ihre Forschung über Eugen Székely, einen Architekten, der 1935 emigrierte. Franz Kapfer nutzt das Gartenhaus für seine Sammlung über rechtsextreme Umtriebe. An der Nordseite malt Franz Konrad an einem 13 Meter langen Ölbild. Noch etwas fällt auf: eine massive Glastür in einem stählernen Rahmen. Sie stammt vom österreichischen Architekten Hans Hollein und wurde von einer Wiener Baustelle gerettet.

Auf die Frage, wie es ist, wenn man in einem „Demonstrativbau“ lebt, sagt Heidi Pretterhofer: „Man wohnt und arbeitet hier – und ist zugleich Ausstellungsobjekt. Ich habe es als schön und aufregend empfunden. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, ein ganzes Jahr so öffentlich zu leben.“ Und Michael Rieper fügt hinzu: „Mir wäre das egal, sofern es nichts anderes in meinem Leben gäbe als den Club Hybrid. Die Grundidee ist aber eine andere: Nämlich, dass es nach uns eine Gruppe von Menschen gibt, die das weiterträgt.“

(c) Club Hybrid
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