ÖKOTEAM

VORGÄRTEN IN GRAZ

Website
#Urbanismus    Wissenschaft

DER VORGARTEN LEBT

Alles begann mit Gertraud Prügger. Für die frühere Leiterin des Grazer Naturschutzbundes waren die Vorgärten in der Innenstadt spätestens seit Beginn des Jahrtausends ein Herzensprojekt. Um der Idee ein wissenschaftliches Fundament zu geben, wandte sie sich an den Biologen Helwig Brunner und sein Institut Ökoteam.

Mit dem Call für das Kulturjahr 2020 ergab sich dann die Gelegenheit, die Vorgärten intensiver zu untersuchen. „Wir haben eine gewisse Art von Interdisziplinarität integriert, einen Ansatz von Citizen Science und Junior Science“ erzählt Brunner, der Kulturinteressierten wohl vor allem als Autor ein Begriff ist.

Der nächste Schritt für das Ökoteam war die Suche nach Projektpartnern, die man mit dem Architekten Herwig Zöhrer und dem NaturErlebnisPark fand. Mit einem einfach gehaltenen Fragebogen wurde in den Bezirken St. Leonhard, Geidorf und Jakomini erhoben, welche Vorgärten es gibt, ob diese zugänglich sind und welche Rolle sie im Leben der Bewohnerinnen und Bewohner spielen. Rasch wurde klar, dass die Menschen Vorgärten als sehr wichtig für die Lebensqualität hielten. Die häufige Nutzung als Abstellmöglichkeit für Autos oder Mülltonnen wurde deutlich kritisiert. Viele Vorgärten sind zudem bis heute versperrt und werden nur minimalistisch bepflanzt, um möglichst wenig Aufwand damit zu haben. Mit der Frage nach dem Stellenwert der Gartenflächen kommen so auch Themen wie Verkehr und Artenvielfalt aufs Tapet.

Mit Klebebildern bot man Kindern die Möglichkeit, ihren Wunschvorgarten zu planen. „Dabei hat sich gezeigt, dass auch ihnen ein vielfältiger ökologischer Raum wichtig ist. Sie haben nicht, wie man vielleicht erwarten würde, Spielgeräte und Gartenmöbel hineingestellt“, so Brunner. Es ging dem Ökoteam generell nicht um das Finden einer idealen Form, schon gar nicht um einen Urwald in der Stadt, sondern um einen differenzierten Blick auf eine oft unbeachtete Fläche: „Wir haben 51 Parameter erstellt, mit denen wir die Vorgärten untersucht haben, das zeigt schon, wie viel man hier sehen kann – oder eben auch nicht sehen kann. Wir wollten am gründerzeitlichen Leitbild in der Stadt orientiert bleiben, aber mit Modifikationen.“

Kein Platz zum Parken
Obwohl das Ökoteam immer schon interdisziplinär arbeitete, war dieses Projekt mit den zahlreichen beteiligten Bürgerinnen und Bürgern verschiedener Generationen, mit Fragebögen, detaillierten Untersuchungen der Tier- und Pflanzenwelt, mit einer Geländespiel-App und einem Aktionstag eine Herausforderung. Nicht zuletzt, sagt Brunner, ging es um die Entwicklung einer Gesprächskultur. Vier Punkte sind es, die als wünschenswert festgehalten wurden: die Förderung der Wohlfühlfunktion, Maßnahmen zur Schaffung kleiner Grünoasen, das Ende für Zweckentfremdungen wie Parkplätze und die mutige Neuinterpretation des Vorgartens bei Neubauten in den Vierteln.

Die Vorgärten sind ein interessanter Teil des urbanen Ökosystems, die Herausforderungen für Politik und Gesellschaft enden aber nicht am Gartenzaun in der Altstadt. Die Verkehrsproblematik, die Notwendigkeit von Recycling und Müllvermeidung, eine ganzheitliche ökologische Perspektive stellen für das Ökoteam Themen dar, die über den Fokus des Projekts hinausreichen und die wesentlich zur Frage beitragen, „wie wir leben wollen“.

„Ich bin nicht so weltfremd zu glauben, die Stadt sei ein Naturschutzgebiet“, sagt Helwig Brunner, „aber ich finde es wichtig, dass bei allen Fragen der Stadtentwicklung die Ökologie und die Biodiversität als gleichberechtigte Stimmen mit berücksichtigt werden. Ich werde wachsam bleiben, was das Thema angeht, aber ich werde nicht zum Vorgartenaktivisten werden“, resümiert der Biologe. Wer mehr über die Grazer Vorgärten in Wort und Bild erfahren will: Das Ökoteam hat zum Projekt einen 40-seitigen Ergebnisbericht veröffentlicht.

(c) ÖKOTEAM_Brunner
Scroll down
  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

  • (c) ÖKOTEAM_Brunner

go topnach oben

Das Kulturjahr 2020 wurde unterstützt von: